Die schleswigsche Kaffeetafel
Die schleswigsche Kaffeetafel (Dänisch: Sønderjysk Kaffebord) ist für viele Dänen etwas ganz Besonderes und ein Symbol für opulenten Überfluss.
Eine klassische schleswigsche Kaffeetafel baut auf zwei Grundelementen auf: den „weichen“ und den „harten“ Kuchen. Eine goldene Regel besagte, dass eine vollständige Kaffeetafel mindestens sieben Sorten weiche und sieben Sorten harte Kuchen enthalten musste. „Weiche Kuchen“, das war alles von Krapfen bis zu Torten, als „harte Kuchen“ wurden knusprige Kekse bezeichnet.
Heutzutage wird eine solche vollständige Kaffeetafel leider nur noch allzu selten präsentiert.
Bedeutung des Küchenherdes
Die schleswigsche Kaffeetafel ist schon seit über hundert Jahren ein fester Begriff für viele Dänen. Doch in Wahrheit boten die schleswigschen Kaffeetafeln nicht mehr an Überfluss als die Kaffeetafeln, mit denen die Frauen der Gutsbesitzer in Nordjütland bereits zuvor ihre Gäste verwöhnten. Der große Unterschied lag im Kontext.
Die Kaffeetafeln mit ihrer großen Auswahl an verschiedenen Kuchensorten kamen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf. Ihre Verbreitung beruhte auf zwei Voraussetzungen: Zum einen wurde Kaffee zu einem Getränk, das auch für die einfacheren Menschen erschwinglich wurde. Und zum anderen hielt der Küchenherd seinen Einzug in dänische Häuser.
Im Vergleich zur offenen Feuerstelle bot der geschlossene Küchenherd viele Vorteile. Hierzu gehörte der Backofen mit der Möglichkeit, die Wärme zu regulieren. Dies schaffte die Möglichkeit, in größerem Umfang als bislang Kuchen zu backen.
Eigene Zwischenmahlzeit
Ein wichtiges Merkmal der schleswigschen Kaffeetafel sind viele verschiedene Sorten Gebäck. Das Backen von Kuchen fand erst in den 1860er Jahren größere Verbreitung. Man hatte zwar auch zuvor schon Kuchen gebacken, aber diese wurden als Nachtisch gereicht. Jetzt wurde Kaffee und Kuchen eine eigene Zwischenmahlzeit.
Die schleswigsche Kaffeetafel entwickelte sich ab den 1870er Jahren, doch erst in den 1890er Jahren hatten die Kaffeetafeln jenen Umfang erreicht, den wir heute mit dem Begriff schleswigsche Kaffeetafel verbinden. Dies war eine Erscheinung, die vor allem auf dem Land Verbreitung fand und hier bei den Familien der Hofbesitzer Brauch wurde.
Denn diese verfügten über die Mittel und Arbeitskräfte, um solche umfangreichen Kaffeetafeln zuwege zu bringen. Zwar gab es auch bei Häuslerfamilien Kaffeetafeln, jedoch mit bescheidenerem Umfang. Hingegen verbreitete sich die Mode der Kaffeetafeln nie recht in den Städten, weder bei Mittel- noch Oberschicht – und die Arbeiterfamilien konnten sich so etwas erst recht nicht leisten.
Blütezeit der Kaffeetafel
Die Blütezeit der schleswigschen Kaffeetafeln war von den 1890er Jahren bis 1914. In dieser Zeit wurden auch viele Versammlungshäuser in Schleswig gebaut. Die Versammlungshäuser konnten keine Genehmigung zum Ausschank von Alkohol erhalten. Daher gab es bei den Versammlungen keinen Kaffeepunsch oder Grog. Stattdessen musste man sich an Kaffeetafeln mit „weichen“ Kuchen halten.
Jeder Haushalt brachte etwas für die gemeinsame Kaffeetafel mit. Die vielen verschiedenen Varianten von Kringeln, Törtchen und Napfkuchen wurden auf den langen Tischen im Versammlungshaus aufgestellt.
So ergab sich eine opulente Vielfalt. Bei den zu Besuch weilenden Rednern aus Dänemark trug dies dazu bei, den Mythos der ganz unglaublichen Kaffeetafeln in Schleswig zu schaffen.
Die Tradition schrieb vor, dass man sich stets jeweils drei bis vier Sorten Kuchen auf den Teller lud. Das Erlebnis der vielen verschiedenen Kuchensorten, die überfüllten Kuchenteller mit dem Gemeinschaftsgefühl, dem Kampfwillen und gemeinsamen Gesang der Teilnehmer trugen in nicht minderem Maße zum Mythos der schleswigschen Kaffeetafeln bei.
Literatur
Adriansen, Inge: Det sønderjyske kaffebord - et samspil mellem nationalpolitik og kosttradition. Grænseforeningens årbog 1998.
Autor: Linda Klitmøller, Museumsinspektorin, Museum Sønderskov
Geografie
Versammlungshaus in Skrave