Landtransport – Vom Drivvej zur Landstraße 11
Handelsweg in Westjütland
Schon seit vorgeschichtlicher Zeit ist Gredstedbro an der Kongeå ein zentraler Knotenpunkt für den Handelsweg Drivvej (wörtlich Triftweg). Dieser verlief von Oddesund in Nordjütland über Holstebro nach Ribe und weiter zu den Märkten in Deutschland.
Jahrhundertelang wurden Handelswaren auf diesem Weg transportiert – bzw. getrieben, wenn es sich um Tiere handelt – und auf den Märkten im Süden verkauft.
Der Drivvej wurde zu einer Landstraße, die in den 1840er und 1850 er Jahren angelegt wurde. Westjütland hatte enge Handelsbeziehungen zu den Niederlanden, Großbritannien und Deutschland. Erst als in den 1870er Jahren Dampfschiffe und Eisenbahnen gebräuchlicher wurden, verschwanden die kleinen Handelstransporte allmählich.
Heute ist die Landstraße 11 begradigt und durch Umgehungsstraßen und Kreisverkehre modernisiert worden. Man muss sich hingegen den früheren Handelsweg so vorstellen, dass alle möglichen Reisenden zu Fuß, auf dem Pferd oder im Wagen auf einer breiten Trasse von Wagenspuren durch die jütländische Heide und das Marschland zogen.
Auf Videnskabernes Selskabs Kort von 1804 kann man den Verlauf des Drivvej erkennen und sehen, wo er die Kongeå überquerte.
Foto: Kort- og Matrikelstyrelsen.
Handelswaren
Im 13. Jahrhundert waren Pferde der wichtigste Exportartikel aus Jütland. Dabei handelte es sich nicht um einfache Arbeitspferde, sondern um besonders prächtige Tiere, die an Adlige und Fürstenhäuser in Europa verkauft wurden. Aus den Zollbüchern von Ribe wissen wir, dass 1231 in Ribe 250 Mark an Pferdezoll eingenommen wurden, was etwa 8400 Pferden entspricht.
Im 15. Jahrhundert wurde der Rinderhandel bedeutsamer. Bis Ende des 19. Jahrhunderts wurden jedes Jahr zu Tausenden Rinder auf dem Drivvej nach Süden getrieben. Die Viehherden wurden von Männer und Jugendlichen getrieben, die neben den Tieren gingen. Auf dem Höhepunkt des Rinderhandels wurden jährlich 50.000 bis 60.000 Ochsen durch Ribe getrieben.
Andere lebende Exportartikel, die selbst gehen konnten, waren Gänse und Schweine. Den Gänsen wurde Teer unter die Füße geschmiert, damit diese den langen Weg aushielten. Die anderen Waren wurden getragen oder auf Wagen transportiert. Dies waren unter anderem die „Jydepötte“, schwarze Tontöpfe aus der Gegend um Varde, Ølgod und Grindsted oder Spitze aus Tondern.
Zu den Importwaren gehörten im Laufe der Zeit Tuffstein für Kirchen, Stoffe, Silber oder holländische Kacheln.
Spuren des Drivvej
Entlang vieler Landstraßen kann man auch heute noch Spuren der uralten Handelswege finden. An einige Stellen haben Archäologen Überreste von Wagenspuren und Wegebefestigungen gefunden, doch am deutlichsten sind die Grabhügel, die oft an den Hauptwegen angelegt wurden und so deren Verlauf erkennen lassen, beispielsweise nördlich von Skjern.
An anderen Stellen markieren breite Hecken oder alte Feldwege den Verlauf der früheren Handelswege. Zwischen Rejsby und Gredstedbro sind noch rechts und links der Landstraße Reste des Drivvej vorhanden, so etwa ein Schotterweg bei Ribe, der heute Drivervej heißt.
In der Landschaft sind gelegentlich von Erdwällen umgebene kleine Plätze zu sehen. Hier wurde das Vieh für die Nacht zusammengetrieben, wenn die Treiber sich ausruhten.
Die alten Wege lassen auch gut auf alten Landkarten erkennen. Videnskabernes Selskabs Kort von 1804, Høje Målebordsblade von 1842-1899 und Lave Målebordsblade von 1901-1971 sind die besten Quellen für die alten Handelswege.
Nicht zuletzt geben alte Wirtshäuser Aufschluss über den Verlauf von Wegen, sowohl die „königlich privilegierten“ als auch die illegalen mit Namen wie „Komm-wieder“ oder „Kehr-ein“. Denn natürlich lagen die Wirtshäuser immer an den größeren Verkehrsadern, um den müden Wanderern Speisen und eine Ruhestätte zu bieten.
Heute wird die Tradition des Drivvej von einem Fernwanderweg fortgeführt, der von Oddesund bis zur Grenze geht. Er gehört zu einem ganzen System von Wander-, Rad- und Reitwegen rund um die Nordsee, auf dem man die Küsten erleben und die alten Handelswege erkunden kann.
Autor: Charlotte Lindhardt
Überreste des Derivvej, des alten Ochsentriftwegs. Foto: Charlotte Lindhardt.