Das Schiff von Gredstedbro
Drei Holzteile
Als 1945 bei Gredstedbro die Kongeå begradigt wurde, stieß der Bagger auf drei Holzstücke. Sie waren aus hartem Eichenholz. Seinerzeit dachte man, dies seien Überreste einer alten Brücke und lieferte sie bei der Antikvarisk Samling in Ribe ab. Etwa zwanzig Jahre später untersuchte der Leiter dieser Sammlung, Mogens Bencard, die bei Gredstedbro gefundenen Holzstücke erneut. Er entdeckte dabei, dass es sich um Überreste eines Schiffs handelte, nämlich ein Spant, ein Teil des Stevens sowie ein Stück vom Kiel. Seitdem hat man vergeblich nach weiteren Teilen des Schiffes gesucht.
Der Spant war aus einem einzigen Stück Holz hergestellt. Zeichnung: Museum von Südwestjutland.
Kongeå in der jüngeren germanischen Eisenzeit
Aufgrund einer Untersuchung der Jahresringe des Holzes und einer C-14-Analyse weiß man jetzt, dass das Schiff aus dem 7. oder 8. Jahrhundert stammt. Da nur 64 Jahresringe erhalten sind, sind die Ergebnisse etwas unsicher. Das Schiff könnte frühestens aus dem Jahr 622 stammen, aber der Baum für das Holz wurde vermutlich nach 630 gefällt, also in der jüngeren germanischen Eisenzeit (ca. 550-750). Ein Vergleich mit anderen Schiffen dieser Zeit zeigt, dass das Schiff von Gredstedbro höchstwahrscheinlich aus der zweiten Hälfte des 7. Jahrhunderts stammt.
Zu diesem Zeitpunkt sah die Landschaft an der Kongeå wesentlich anders aus als heute. Das Land war noch nicht eingedeicht und konnte daher vom Meer überflutet werden. Die Kongeå war noch nicht begradigt und schlängelte sich mit vielen Schleifen durch das flache Marschland, das sich bis nach Gredstedbro zog. Die Kongeå hatte jedoch ungefähr die gleiche Größe wie heute. Das Flusstal der Kongeå ist etwa 1,5 Kilometer breit und von einzelnen Hügelformationen umgeben. Der Fluss selbst ist 10 Meter breit und 1,5 Meter tief.
Handelsbeziehungen in der Eisenzeit
Die jüngere Eisenzeit war eine unruhige Zeit, die geprägt war durch Völkerwanderungen in Europa und politische Umwälzungen. Der westliche Teil des Römischen Reiches war gefallen und das Christentum gewann an Boden.
Dänemark und die Länder an der Nordsee bestanden aus vielen kleineren Königreichen, wobei Dänemark so etwas wie das Machtzentrum Skandinaviens war. Zu den Machtzentren innerhalb Dänemarks gehörten Gudme-Lundeborg auf Fünen, Dejbejrg bei Skjern und Dankirke südwestlich von Ribe. In den Jahren 704-710 wurde Ribe gegründet.
Trotz der Unruhe blühte der Handel. Durch Vergleiche von dänischen Funden von Keramik, Glas, Metall und Münzen mit ausländischen Funden weiß man, dass Westjütland Handelsbeziehungen vor allem zu den Nordseeanrainern hatte. Der Handelsverkehr fand zu Land und zu Wasser statt.
Der Kiel in der Mitte zeigt, dass das Schiff von Gredstedbro vom Typ her zwischen dem Nydamboot (oben) und dem Wikingschiff (unten) war. Zeichnung: Museum von Südwestjutland.
Aussehen des Schiffes
Die wenigen Reste des Schiffes von Gredstedbro waren so gut erhalten, dass die Archäologen trotzdem Typ und Größe des Schiffes bestimmen konnten. Es war eine grob gebautes Schiff aus Eichenholz mit einem soliden Rahmen. Das Schiff war 20-25 Meter lang und vom Typ her eine Mischung aus dem Nydamboot von 310-320, dem englischen Sutton Hoo-Schiff aus dem 7. Jahrhundert und den Wikingerschiffen des 8. Jahrhunderts. Das Schiff aus Gredstedbro war wie die beiden erstgenannten ein Ruderschiff. Erst zur Wikingerzeit kam das Segelschiff nach Skandinavien.
Der Spant war aus einem einzigen Stück Holz hergestellt. Der erhaltende Teil ist 180 cm lang, so weiß man, dass der Spant insgesamt 220-230 cm lang gewesen sein muss. Im Spant befanden sich Holznägel, mit denen die Rumpfplanken befestigt waren.
Der Überrest des Stevens ist 113 cm lang und vom gleichen Typ wie beim Nydamboot.
Das Kielfragment ist 203 cm lang. Die Unterseite war stark abgenutzt, was darauf hindeutet, dass das Schiff oft an Land gezogen wurde. Das Schiff von Gredstedbro war groß genug, um seetüchtig zu sein. Zugleich war der Boden flach genug, um die Kongeå hinauf zu fahren, wo es 1300 Jahre später gefunden wurde.
Teil des Stevens. Zeichnung: Museum von Südwestjutland.
Autor: Charlotte Lindhardt
Die Unterseite des Kiels war stark abgenutzt, was darauf hindeutet, dass das Schiff oft an Land gezogen worden war. Zeichnung: Museum von Südwestjutland.